Kurzbiografie Johann Conrad Werdmüller

 

Der jüngste Sohn des Ratsherrn Hans Georg Werdmüller, wurde ebenfall für den höheren Dienst eines Militäringenieurs erzogen; auch er dilettierte als Zeichner und Maler, jedoch ohne Nennenswertes zu leisten. Als junger Mann von Originellem Charakter stand er in französischen und spanisch-piemontesischen Kriegsdiensten. Er machte die Belagerung von Carmagnola im September 1691 mit und kämpfte auch in der Schlacht von Orbazano. Die Niederlage führte zur Auflösung des spanisch-savoyischen Heeres, und mit den entlasse Schweizerkompagnien kehrte Werdmüller nach Zürich heim, wo er beim Ratshausbau für das neue Ratshaus ein „köstliches und künstliches Gemähld“, das in hohen Gnaden verdankt wurde; was das Bild darstellte, wo es sich befindet und ob es von Werdmüller selbst gemalt war oder aus der grossväterlichen Sammlung stammte, konnte bisher nicht festgestellt werden.

Abbildung: Ausschnitt aus zeitgenössischem Oelgemälde von J. Füssli


Nach der Beendigung der Bauarbeiten am Rathaus wurde Hans Conrad als gewesener Dragonerhauptmann zusammen mit anderen Offizieren beauftragt, die Zürcher Kavallerie neu zu organisieren. – Im Toggenburgerkrieg (1712) stand er im Majorsrang beim Genie im Dienst. Ihm wurde die Sicherung das bedrohten Grenzpunktes bei Hütten übertragen, und er erfüllte seine Aufgabe in ruhmvollster Weise. (Seinen damals verfassten Kriegsschilderungen sind noch erhalten1.)

1Vgl. den von Erhard Dürsteler unter dem Titel „Beschreibungen des Toggenburger Krieges einicher glaubwürdiger Authorum, welche selbst by denen Actionen gewesen“ angelegten Sammelband (Hs E7 der Zentralbibliothek Zürich) in welchem unter Nr. 3 folgende Berichte Werdmüllers eingereiht sind: 1) „Gründliche Beschreibung desjenigen, so im vergangenen Krieg mir durch die Hand gegangen, samt etlichen Anmerkungen, nicht etwan aus Praesumption und Hochmut, sondern zur Nachricht dienend verfasst“ und 2) „Über den Schwyzerischen Einfall auf Hütten.“ Siehe auch: Tagebuch von Johann Conrad Werdmüller

 

Ausser Dienst lebte Werdmüller mit seiner hochbetagten Mutter und der Schwester Anna Cleophea, die körperlich elend und geistesschwach war, in einsiedlerischer Zurückgezogenheit und auf dem Landgut der Familie, in der Schipf bei Herrliberg. ER blieb allen öffentlichen Geschäften fern; nur bei ausserordentlichen Anlässen trat er aus seiner stillen Verborgenheit hervor, um dem Vaterland seine Dienste zu leihen.

 

Noch vor dem Tode der Mutter hatte Werdmüller einen schweren Kampf mit den Vormündern der väterlichen Erben auszufechten. Diese forderten die Liquidation der Liegenschaften (gelber Seidenhof und Schipf) und der halben Kunstsammlung im alten Seidenhof, wogegen er selber auf gemeinschaftlicher Verwaltung beharrte. Die Obrigkeit verfügte den Verkauf der Liegenschaften; doch wurden nur der Gelbe Seidenhof (um 4500 Gulden an Johannes Escher) und eine dazu gehörige Wiese (um 1000 Gulden an Martin von Muralt) veräussert, der Anteil an der Gemäldesammlung wurde geteilt und kam in alle Welt2, das Schipfgut blieb dagegen unverkauft, weil sich die hochbetagte Ratsherrin nicht entschliessen konnte, „den ihr von ihrem sel. Herrn angewiesenen Witwensitz zu verlassen“.

 

2Die im alten Seidenhof verbliebene andere Hälfte der Kunstsammlung wurde dort noch fast hundert Jahre hindurch behütet, fiel schliesslich aber ebenfalls der Zerstreuung anheim: Geldgier versuchte 1789/90 sie auf einer Lotterie zu versilbern, was jedoch nicht gelang. Kurze Zeit danach wurden auch diese restlichen Kunstschätze, die von David Werdmüller und seinen nächsten Nachkommen mit feinem Verständnis in grosser Liebe gesammelt worden waren, in alle Winde verstreut: Im Konkurs des Stadtpräsidenten Hans Rudolf Werdmüller (s.S.284) wurde sie versteigert. (Über den Bestand vgl. Exkurs XV, Nr.4)

 

Der Gelderlös wurde daraufhin unter den Erben verteilt und das Schipfgut, „ solange, als die Frau Feldzeugmeisterin lebt“, Hans Conrad Werdmüller lehensweise überlassen, unter der Bedingung, „ Mutter und Schwester ehrlich und wohl zu erhalten und das Gut in rechten Ehren zu halten“. Als die Mutter 1706 starb, zog er das Gut in obrigkeitlicher Schatzung an sich. Die Schwester lebte bis zu ihrem 1717 erfolgten Tod bei ihm. In all diesen Jahren zog sich Werdmüller von der Welt eignbrötlerisch noch mehr zurück. Er starb 1723 und liess sich auf den Grabstein in der Kirche Herrliberg die Inschrift setzten:

 

Meine Lust war auf dem Land zu leben,

Tat nicht nach hohen Ehren streben:

Doch da es galt das Vaterland,

Hielt ich auf Hütten tapfer Stand.

 

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